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Allgemeines
Der Besitz ist ein rein tatsächlicher Zustand, also kein Recht. Dennoch sieht das BGB einen umfassenden Schutz vor, was im wesentlichen zwei Gründe hat:
Wahrung des Rechtsfriedens: Das GewaltMonopol liegt beim Staat, Faustrecht und Selbstvollstreckung sind unzulässig.Wer einen Anspruch auf Herausgabe durchsetzen will, muss einen Titel erwirken und den GerichtsVollzieher mit der Vollstreckung beauftragen. Liesse man die selbständige Wegnahme zu, käme es ständig zu Auseinandersetzungen beim Streit um die Sache. Dem wird entgegengewirkt, indem diese Selbstvollstreckung konsequent nicht anerkannt wird:
- Der Besitzer darf sich gegen die Wegnahme wehren, sogar mit Gewalt.
- Bei einer erfolgreichen Wegnahme bekommt der, dem die Sache weggenommen wurde, die Sache unter den geringen Voraussetzungen der possessorischen Besitzschutzansprüche durch Gerichtsurteil wieder zugesprochen. Auch wenn der Besitzer im Fall eines gegen ihn gerichteten Anspruchs auf Herausgabe die Sache nur vorläufig zurück erhält, ist der eigenmächtigen Wegnahme auf diesem Wege doch der Erfolg versagt.
Schützenswerte Position: Der Besitz wird gelegentlich auch als vorläufiges Recht bezeichnet. Damit ist gemeint, dass der Besitz praktisch eine wertvolle Position ist, die dem Besitzer z.B. das Benutzen der Sache ermöglicht. Diese Position soll der Besitzer verteidigen dürfen.
Verbotene Eigenmacht
Verbotene Eigenmacht hier beschreiben
Selbsthilferechte
Besitzwehr - § 859 I BGB
Gegen verbotene Eigenmacht darf sich der Besitzer gem. § 859 I BGB mit Gewalt wehren.
Die Rechtfertigung nach § 859 I BGB hat drei Voraussetzungen:
- Besitzstörung oder Besitzentziehung durch Verbotene Eigenmacht
- Im Fall einer Besitzentziehung darf diese noch nicht vollendet sein
§ 859 I BGB gestattet als besondere Form der Notwehr die Abwehr eines Angriffs, der auf Besitzentziehung abzielt. Einen Angriff kann man nur solange abwehren, wie er noch fortdauert. Ist die Situation bereits in einen Besitzverlust umgeschlagen, greift § 859 II BGB bzw. § 861 I BGB.
- Bei einer Besitzstörung stellt sich das Problem nicht. Diese kann nur solange abgewehrt werden, wie sie auch besteht.
- Nichtüberschreiten des Erforderlichen und Gebotenen
Besitzkehr bei beweglichen Sachen - § 859 II BGB
Ist die Besitzentziehung schon vollendet, so greift bei beweglichen Sachen § 859 II BGB.
Die Gewaltanwendung des Besitzers ist gerechtfertigt, wenn
- ihm der Besitz durch verbotene Eigenmacht bereits entzogen wurde, und
- der Täter auf frischer Tat betroffen oder sogleich verfolgt wurde (sog. Nacheile).
- Nichtüberschreiten des Erforderlichen und Gebotenen
§ 859 II BGB erweitert das Selbsthilferecht des Besitzers in zeitlicher Hinsicht, auf das für die NotWehr typische Erfordernis eines gegenwärtigen Angriffs wird verzichtet (vgl. § 227 BGB und § 32 StGB). Der Besitzer darf sich den Besitz auch dann gewaltsam wiederverschaffen, wenn die Besitzentziehung schon vollendet ist.
Anders als § 229 BGB, der ebenfalls die Wegnahme einer Sache gestattet, verzichtet § 859 II BGB auch auf das Erfordernis, dass obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist.
Besitzkehr bei unbeweglichen Sachen - § 859 III BGB
Wurde der Besitz an einer unbeweglichen Sache entzogen, greift § 859 III BGB.
Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes sind hier:
- Besitz an einer unbeweglichen Sache wurde durch verbotene Eigenmacht entzogen
- der Besitzer hat sich den Besitz sofort wiederverschafft
- die Grenzen des Erforderlichen und Gebotenen wurden eingehalten.
Den Unterschied zur Lage bei beweglichen Sachen bildet das zeitliche Moment. Die Entsetzung des Täters ist nur sofort nach Besitzentziehung gestattet. Dies ist eng auszulegen und bedeutet, so schnell wie objektiv möglich. Es bedeutet also nicht unverzüglich, auf die Kenntnis des Besitzers von der Besitzentziehung kommt es gerade nicht an.
Handelt der Besitzer hier nicht sofort, so steht ihm das Gewaltrecht aus § 859 III BGB nicht mehr zu. Zwar hat er ohne weiteres noch den Anspruch aus § 861 I BGB, doch ist dies eben ein gerichtlich durchzusetzender Anspruch und kein Recht, den Täter selbst hinauszuwerfen.
Typisches Beispiel:
- A hat einen Parkplatz für sich gemietet. Als A weggefahren ist, parkt der B sein Auto darauf.
- Damit hat B dem A den Besitz an einer unbeweglichen Sache entzogen.
Folglich steht dem A aus § 859 III BGB das Recht zu, sich den Besitz an dem Parkplatz durch Entsetzung des B wieder zu verschaffen. Dies bedeutet hier, das Auto des B abschleppen zu lassen.
Da A dies nach § 859 III BGB nur sofort tun darf, stellt sich die Frage, wie lange er Zeit hat.
Die uneinheitliche RechtSprechung nimmt hier 4 Stunden, 7 Stunden oder auch noch am nächsten Tag an. Nach einer Literaturmeinung soll sofort nur 30 Minuten sein.
Bemerkt A das Auto des B zu spät, greift der RechtfertigungsGrund § 859 III BGB nicht mehr.
Um das Auto schnellstens dort weg- bzw. die Abschleppkosten wiederzubekommen, kommen als weitere Anspruchsgrundlagen insbesondere § 823 I BGB und GeschäftsführungOhneAuftrag in Frage.
Bei Hausbesetzungen wird der Besitzer meist erst nach einiger Zeit von der Besetzung erfahren. Ein gewaltsamer Rauswurf der Hausbesetzer ist dann nicht mehr über § 859 III BGB gerechtfertigt, da dieser nur sofort zulässig ist.
Besitzschutzansprüche
Possessorische Ansprüche
Besitzentziehung - § 861 I BGB
Besitzstörung - § 862 I BGB
Problem: Petitorische Widerklage
Petitorische Ansprüche
Deliktsrecht - § 823 BGB
- Besitz als "sonstiges Recht"
§ 858 BGB als Schutzgesetz
Bereicherungsrecht - § 812 ff. BGB
Auch der Besitz kann ein erlangtes Etwas im Sinne des Bereicherungsrechts sein.