Begriff
Parteien führen Tatsachen in den Prozess ein, die Urteilsgrundlage sein sollen. Im Prozess werden sie nur auf ihre Richtigkeit geprüft. Es dürfen also nur von den Parteien vorgebrachte Tatsachen berücksichtig werden. (Vgl. UntersuchungsGrundsatz)
Folgerungen
- Nicht vorgebrachte Tatsachen finden keine Berücksichtigung. Privates Wissen des Richters, das sich auf die Tatsachengrundlage des Prozesses bezieht, darf nicht für das Urteil verwertet werden. (Ggf. Ausscheiden als Richter und Auftritt als Zeuge, §§ 41 Nr. 5, 48 ZPO)
- Behauptet eine Partei Tatsachen, die von anderer Seite zugestanden (§ 288 ZPO) oder nicht bestritten werden (§ 138 III ZPO), entfällt eine Nachprüfung - sie werden somit Teil der Urteilsgrundlage.
- Beweiswürdigung und Rechtsanwendung unterliegen jedoch nicht der Verhandlungsmaxime - dies ist dem Gericht vorbehalten.
Durchbrechung
Modifikationen und Durchbrechungen der Verhandlungsmaxime sind in folgenden Konstellationen möglich:
Ehe- und Kindschaftssachen unterliegen aufgrund des öffentlichen Interesses dem UntersuchungsGrundsatz
- Richterliche Aufklärungspflicht (§ 139 I ZPO); Verletzung ist Verfahrensmangel
- Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei von Amts wegen (§ 141 ZPO)
Wahrheitspflicht / Vollständigkeit
Aus § 138 I ergibt sich für die Parteien die Pflicht, keine unwahren Tatsachen vorzubringen, sowie ihre Erklärung vollständig abzugeben, auch wenn diese zu ihrem Nachteil gereicht.
Bedeutung
- Neben dem Vorbringen unwahrer Tatsachen ist es auch untersagt, von der gegnerischen Partei vorgebrachte Tatsachen bewußt wahrheitswidrig zu bestreiten.
- Keine Verletzung der Wahrheitspflicht bei Behauptung einer Tatsache auf Verdacht.
- Wohl aber bei Behauptungen 'ins Blaue hinein'
- Problem: Widerruf eines bewußt unwahren Geständnisses möglich?
- § 290 ZPO verlangt Irrtum als Grund für unwahres Geständnis
- einer Ansicht nach: Wahrheitspflicht geht § 290 vor
- BGHZ 37, 154: Widerruf hat in § 290 abschließende Regelung gefunden. § 138 I hier nicht zulässig.
- Bindung an unwahres Geständnis zudem Sanktion
- Zumutbarkeit als Grenze: Keine Pflicht, Tatsachen zu offenbaren, die unehrenhaftes oder strafbares Handeln ergeben
Folgen einer Verletzung
- Bewußt unwahr geäußerte Tatsachen sind vom Gericht nicht zu berücksichtigen, sobald sie als unwahr erkannt werden.
- Schadensersatz nach § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB oder § 826 BGB möglich.
RestitutionsKlage (§ 580 Nr. 4 ZPO) möglich