FAQ zu Rechtsfragen in und um Second Life
- Strafbarkeit
Inhaltsverzeichnis
- Was kann ich tun, wenn mich jemand in SecondLife bedroht?
- Lohnt es sich bei schwerwiegenden Verstößen eine Anzeige gegen Unbekannt zu erstellen? Ist dann LindenLab verpflichtet die Daten einer Person herauszugeben?
- Bin ich als deutscher Staatsbürger in Kalifornien bestrafbar?
- Ist Sex mit Furries strafbar?
- Kann überhaupt jemand in Real Life für Dinge bestraft werden, die er in Second Life kaputt macht?
1. Was kann ich tun, wenn mich jemand in SecondLife bedroht?
Wird meine Person bedroht, macht es in rechtlicher Hinsicht prinzipiell keinen Unterschied, auf welchem Übermittlungsweg mir die Drohung z. B. bei einer Nötigung oder Erpressung zugeht. D. h. wenn es wirklich ernst ist, sollte ich mich so verhalten wie sonst auch und Anzeige erstatten. Die Strafverfolgungsbehörden werden dann von Amts wegen ermitteln, d. h. ich brauche mich selber nicht weiter darum zu kümmern. Es kann aber hilfreich sein, die Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen, indem ich Beweise sichere und z. B. Screenshots anfertige und den Wortlaut des Chats sichere.
Wenn jemand nicht mich, sondern nur meinen Avatar bedroht, gibt es rechtlich keine Handhabe. Ich muss mich also selbst um den Schutz meines Avatars kümmern. Empfehlenswert ist es, sich sofort hinzusetzen, da Scripte in der Regel keine Wirkung auf sitzende Avatare haben.
In schwerwiegenden Fällen kann ich mich bei Bedrohung meines Avatars an Linden Lab wenden und einen "Abuse Report" einreichen (Rechtsklick auf den Avatar).
2. Lohnt es sich bei schwerwiegenden Verstößen eine Anzeige gegen Unbekannt zu erstellen? Ist dann LindenLab verpflichtet die Daten einer Person herauszugeben?
Bei schwerwiegenden Verstößen ist das sinnvoll. Die Herausgabe von Daten über Telekommunikations-Verbindungen ist nämlich gemäß §§ 100g, 100f StPO nur vorgesehen, wenn Anhaltspunkte für eine "Straftat von erheblicher Bedeutung" vorliegen, beispielsweise Handel mit Kinderpornographie. Die Staatsanwaltschaft wird dann die entsprechenden Maßnahmen einleiten, um den Täter zu ermitteln.
Weiterhin ist zu beachten, dass Linden Lab im Ausland sitzt. Ich kann also entweder eine Anzeige in den USA stellen oder in Deutschland. In letzterem Fall würde dann die deutsche Staatsanwaltschaft über Amtshilfe an die amerikanischen Kollegen herantreten.
Mir als Privatperson darf ein Telekommunikationsanbieter die Identität seiner Kunden nicht preisgeben. Bei Second Life handelt es sich im Grunde um ein Chat-Tool und damit um Telekommunikation. Damit unterliegen solche Daten dem Datenschutz gemäß § 14 II TMG.
3. Bin ich als deutscher Staatsbürger in Kalifornien bestrafbar?
Ganz beruhigend ist für uns Deutsche der in Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG verankerte Grundsatz (mit Ausnahmen nur zugunsten der Strafverfolgung in EU-Mitgliedsstaaten und vor internationalen Gerichtshöfen): Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Wenn ich mich aber freiwillig in das Hoheitsgebiet der USA begebe, muss ich schon damit rechnen, dass mich die dortige Justiz mit meinen Missetaten konfrontiert.
4. Ist Sex mit Furries strafbar?
Furries? Das sind diese Avatare, die als pelzige Wesen daherkommen (siehe Furry in Wikipedia). Also "Sex mit Furries" meint dann ja wohl, dass ich meinen Avatar mit einem solchen Avatar per Script so zusammenbringe, dass es aussieht, als würden sie sexuelle Handlungen vornehmen.
Man könnte hier an Sodomie denken. § 175b StGB, der die "widernatürliche Unzucht mit Tieren" unter Strafe stellte, wurde aber bereits Ende der 60’er Jahre abgeschafft. Seitdem kommt nur noch ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz oder – bei fremden Tieren – Sachbeschädigung in Frage.
Das kann aber nur greifen, wenn echte Tiere daran beteiligt sind. In Second Life gibt es aber nur Darstellungen von tierähnlichen Gestalten.
Strafbar ist gemäß § 184a StGB die "Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften". Gemäß § 11 III StGB stehen "Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen" den Schriften gleich.
Es müsste also um Szenen gehen, die "sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren zum Gegenstand haben". Dabei soll es genügen, dass ein fiktives Geschehen Gegenstand der Darstellung ist. Es geht also weniger um den Tierschutz, als mehr um den Jugendschutz.
Wenn ein „menschlicher“ Avatar mit einem „tierischen“ Avatar zugange ist, dann könnte schon jemand auf die Idee kommen, dass das eine tierpornographische Darstellung ist. Man kann dann dagegen argumentieren, dass der Furry ja nur ein „verkleideter“ menschlicher Avatar ist und allein die Tatsache, dass er sprechen bzw. chatten kann zeigt ja, dass ein Mensch dahinter steckt. Man sollte sich aber schon überlegen, ob einem das die Sache wert ist, dass man sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt.
Solange Furries aufeinander losgehen und kein menschenähnlicher Avatar beteiligt ist, dürfte das weniger problematisch sein.
§ 184a StGB ist übrigens gemäß § 6 Nr. 6 StGB unabhängig vom Recht des Tatorts auch anwendbar, wenn die Tat im Ausland begangen wurde. Gut möglich, dass andere Länder ähnliche Regelungen haben und man dann ggf. im Ausland damit konfrontiert wird.
5. Kann überhaupt jemand in Real Life für Dinge bestraft werden, die er in Second Life kaputt macht?
"Dinge" in Second Life sind jedenfalls keine Sachen im Sinne des Strafgesetzbuches. Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB kann man nur an "körperlichen Gegenständen" begehen.
Möglicherweise handelt es sich aber um strafbare Datenveränderung gem. § 303a StGB, wenn ich Objekte in Second Life zerstöre oder unbrauchbar mache. Die Objekte sind als Daten auf dem Server gespeichert. Beim Herstellen eines Objektes in Second Life sind die Einstellungen standardmäßig so gesetzt, dass die Daten gegen Veränderung durch Dritte geschützt sind. Sind die Häkchen anders gesetzt, wird man von der Einwilligung zur Veränderung der Daten ausgehen dürfen. Der Tatbestand des § 303a StGB ist aber wohl erfüllt, wenn der Täter es schafft, die Schutzmechanismen auszuhebeln und gegen den Willen des Erbauers z. B. ganze Gebäude "wegsprengt", wie dies bei dem Anschlag auf die Insel des US-Senders ABC Ende Mai 2007 der Fall war. Hier ist davon auszugehen, dass die Täter vorsätzlich gehandelt haben. Unerheblich für die Verwirklichung des Tatbestandes ist dabei die Frage, ob sich die Daten durch ein Backup wiederherstellen lassen.
Neben der Kriminalstrafe können auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche auf den Schädiger zukommen.