Um eine Geldforderung gegen einen Schuldner mit Sitz in der Schweiz zu realisieren, gibt es grds. zwei Vorgehensmöglichkeiten:
Zum einen kann die Forderung zuerst gerichtlich geltend gemacht und danach vollstreckt werden. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass der Schuldner im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens - in der Schweiz "Betreibung" genannt - gewisse Einwendungen nicht mehr geltend machen kann; solche hätte er im Gerichtsverfahren vorbringen müssen.
Zum anderen kann aber auch direkt - d.h. ohne vorgängiges gerichtliches Verfahren - die Betreibung eingeleitet werden. Zuständig hierfür sind die nach Art. 46 i. V. m. 1ff. des Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) zuständigen Betreibungsämter. Die Schuldbetreibung wird durch die Einreichung eines Betreibungsbegehren eingeleitet und dem Schuldner wird ein "Zahlungsbefehl" zugestellt (Art. 38ff. SchKG).
Ähnlich dem deutschen Mahnverfahren kann der Schuldner gegen diesen Zahlungsbefehl innerhalb von 10 Tagen "Rechtsvorschlag" - ähnlich dem Widerspruch nach §§ 699ff. ZPO - einlegen (Art. 69, 74ff., 179 SchKG). Dieser führt dazu, dass die Betreibung zunächst eingestellt wird. Dann muss im nächsten Schritt durch einen, im jeweiligen Kanton zugelassenen Anwalt Klage auf "provisorische" bzw. "definitive Rechtsöffnung" erhoben werden, um diese Einstellung aufzuheben:
Provisorische Rechtsöffnung
Die provisorische Rechtsöffnung ist einschlägig, wenn hinsichtlich der Forderung ein Schuldanerkenntnis vorliegt. Wird provisorische Rechtsöffnung erteilt, steht dem Schuldner die Möglichkeit einer Aberkennungsklage zu (Art. 82 SchKG), mit welcher er den Bestand der Forderung bestreiten kann.
Definitive Rechtsöffnung
Liegt hingegen ein Titel - z.B. ein in Deutschland gem. §§ 688ff. ZPO erlangter Vollstreckungsbescheid - vor, kann auf definitive Rechtsöffnung geklagt werden (Art. 80 SchKG). In diesem Klageverfahren sind die Schweizer Richter nach Art. 81 III SchKG i. V. m. dem Abkommen von Lugano grds. an den Titel gebunden; es wird lediglich summarisch geprüft ob wesentliche Prozessgrundsätze beachtet wurden.
Fortsetzung der Betreibung
Wird kein Rechtsvorschlag eingelegt oder wurde ein solcher durch eine erfolgreiche Rechtsöffnung beseitigt, kann die Betreibung auf Antrag fortgesetzt werden (Art. 88 SchKG). Im Falle einer Nichtleistung des Schuldners ist es möglich, 20 Tage nach Zustellung des "Zahlungsbefehls" bei der jeweils zuständigen Behörde Antrag auf "Fortsetzung der Betreibung" zu stellen. Bleibt der Schuldner immer noch säumig, ist zu unterscheiden, in welcher Rechtsform er auftritt:
Bei Schuldnern mit HandelsRegistereintragung wird die Betreibung durch "Konkursandrohung" mit nachfolgendem "-begehren" fortgesetzt (Art. 39 SchKG). Im Falle eines wirtschaftlich erfolgreichen Konkurses erfolgt dann die Gläubigerbefriedigung.
Liegt keine HandelsRegistereintragung vor - z. B. bei natürlichen Personen (NatürlichePerson) -, erfolgt grds. eine Pfändung (Art. 42 I i. V. m. 39 I SchKG).
Wirtschaftliche Abwägungen
Die jeweils zuständigen Behörden nehmen grds. unmittelbar keine Zustellung in das Ausland vor. Daher ist es nötig, z.B. bei der Deutsch-Schweizer Handelskammer einen Briefkastendienst einrichten zu lassen. Die Kammer verlangt für diese Dienstleistung eine Grundgebühr von 175,-- EUR. Es sind also auch wirtschaftliche Abwägungen vorzunehmen, bevor eine Forderung im Ausland realisiert wird. Bei Forderungen in geringer Höhe sollte das Ausfall- oder Insolvenzrisiko (InsolvenzRecht) anderweitig minimiert werden.