Inhaltsverzeichnis
Im Zentrum der juristischen Arbeit steht der Konflikt; die Aufgabe des Juristen ist, die an ihn herangetragenen Konflikte zu lösen. Hieraus ergibt sich zwangsläufig ein Dilemma: Gäbe es die Konflikte nicht, wäre die Welt zwar möglicherweise ein angenehmerer Ort, aber man bräuchte wohl auch keine Juristen mehr.[FN: In diesem Fall verbliebe die konfliktvorbeugende juristische Tätigkeit, die sog. Kautelarjurisprudenz (Vertragsgestaltung etc.) als Tätigkeitsbereich. Doch wozu müsste man Konflikte vermeiden, wenn es sie ohnehin nicht mehr gäbe?] Im nächsten Schritt ist (dies ist bereits eine der Kernaussagen dieser Arbeit) zu bedenken, dass sich Konflikte grundsätzlich durch Streit oder durch Zusammenarbeit lösen lassen.[FN: Haft, Verhandlung und Mediation, S. 1.] Intuitiv neigen wir dazu, uns zu streiten.
Ich nicht, und ich glaube, ganz viele andere Leute auch nicht: Wir sind konfliktscheu und tun eine Menge (oder eben nicht) um des lieben Friedens willen, weil Streit des Teufels ist. (Was ich mit diesem netten Schwank aus meinem Leben sagen will: Man kann mit Konflikten auch so umgehen, daß man sie ignoriert/ verleugnet - natürlich löst man sie so nicht, aber man hat (eine Zeitlang) seine Ruhe.) Auf der anderen Seite ist ein Streit, der einen Konflikt wirklich löst, ja nicht unbedingt negativ - es müssen ja keine Teller, nicht mal Schimpfworte fliegen. ("Streit" dann iSv Auseinandersetzung, Diskussion.) OffeneFrage: Kann man eigentlich auch im Streit zusammenarbeiten? Ja - dann stimmt Dein Begriffs-Gegensatzpaar aber nicht mehr. Wie wär's denn mit ... äh, kalt erwischt. Gegeneinander - miteinander? Und den "Intuitiv ..." - Satz streichen oder modifizieren.
Hierzu überlegen wir uns, wie der Konflikt aus unserer Sicht gelöst werden müsste (wobei die Wünsche der Gegenseite außer Acht gelassen werden) und versuchen, diese Lösung durchzusetzen. Da die Gegenseite voraussichtlich das Gleiche versuchen wird, ist der Streit die logische Konsequenz. So verwundert es – auch in Anbetracht des oben erwähnten Dilemmas – wenig, dass in unserem Kulturkreis der Bereich der juristischen Konfliktbewältigung nach wie vor durch das Gerichtsverfahren dominiert wird. Dieses ist der klassische Weg, einen Konflikt um Rechtsfragen durch Streit zu einer Lösung zu führen. Diese Lösung, das Urteil, hat zwar den Vorteil, dass die arteien sie nicht selbst entwickeln müssen. Ihr Nachteil ist jedoch, dass es mindestens einen Verlierer gibt – „mindestens“ deshalb, weil auch für die obsiegende Partei der Konflikt häufig nicht optimal gelöst wird. Denn das Urteil kann auch auf sie negativ auswirken: durch das Ende einer längeren Geschäftsbeziehung zur Gegenpartei beispielsweise, oder durch einen Reputationsverlust bei anderen Geschäftspartnern.
Zur Abfederung des Zeit- und Kostenaufwands, den ein Gerichtsverfahren zwangsläufig verursacht, wird zwar immer häufiger[FN: Nach Strempel, in: Gottwald, Streitschlichung, S. 188, lag im Erscheinungsjahr 1995 der Anteil der außergerichtlichen Streitbeilegung an der anwaltlichen Tätigkeit bei über 70%. Bis heute dürfte diese Quote noch gestiegen sein.] versucht, Konflikte außergerichtlich beizulegen. Doch auch die hier etablierten Maßnahmen[FN: S.u. unter A.II. Auch die Verhandlung als wohl am weitesten verbreitetes Verfahren gehört in diese Kategorie, s. dazu Teil B.] sind in der Praxis zumeist wiederum auf Streit ausgelegt und nicht darauf, durch Zusammenarbeit der Parteien eine Lösung herbeizuführen, mit der beide Seiten zufrieden sein können.
Ein solches Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbewältigung im Wege der Zusammenarbeit ist die Mediation. Diese Seminararbeit[FN: Die Arbeit ist in zwei Teile unterteilt. Der zweite Teil - die speziellen Anwendungsbereiche der Mediation sowie die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten - werden von Ralf Zosel behandelt.] bietet eine kurze Einführung in dieses Verfahren, das zunächst kurz vorgestellt und von ähnlichen Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktbewältigung abgegrenzt wird.
Der erste Teil der Arbeit betont die Verhandlung als Grundlage der Mediation sowie den Ablauf des Mediationsverfahrens mit seinen typischen Problemen und ihren möglichen Lösungen. Da sich die Mediation nicht im rechtsfreien Raum abspielt, lohnt auch ein kurzer Blick auf ihre rechtlichen Grundlagen. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich dann den speziellen Anwendungsbereichen der Mediation, einschließlich des neuen Zweiges der Online-Mediation. Den Abschluss der Arbeit bilden die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Mediation sowie ein Ausblick.
1. Was ist Mediation?
Wenn wir uns als Juristen einem Begriff nähern, sind wir es gewohnt, diesen zunächst möglichst genau zu definieren und ihn von ähnlichen Begriffen (hier also von anderen Konzepten der außergerichtlichen Streitbeilegung) abzugrenzen. Eine kurze Betrachtung der historischen Entwicklung der Mediation im Aus- und Inland schließt diese Einleitung ab.
1.1. Definition
Mediation ist die Eindeutschung des gleichlautenden englischen Begriffs, den man auch mit „Vermittlung“ übersetzen könnte.[FN: Zur genauen Wortherkunft vgl. Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 6 Rn. 6.] Er bezeichnet ein Verfahren, in dem ein neutraler Dritter (der Mediator) zu eben dieser Vermittlung in Zwei- oder Mehrparteienkonflikten[FN: In dieser Arbeit wird zur Vereinfachung der Mehrparteienkonflikt (mit drei oder mehr beteiligten Parteien) auch in sprachlicher Hinsicht ausgeklammert. Es wird also immer nur von einer „Gegenseite“ die Rede sein. Vgl. zu den besonderen Problemen der Mehrparteien-Verhandlung Haft, Verhandlung und Mediation, S. 158 ff.] eingeschaltet wird, ohne dass diesem eine eigene Entscheidungsbefugnis zusteht.[FN: Breidenbach, in: Breidenbach/Henssler, Mediation für Juristen, S. 1.] Die Einschaltung des Mediators erfolgt mit dem Ziel, eine Verhandlung (engl.: negotiation) zwischen den Parteien zu ermöglichen, die den Modellen der modernen Verhandlungsforschung[FN: Siehe dazu unten unter A.I.3. sowie unter B.] entspricht. Die klassische US-amerikanische Definition lautet daher auch: „Mediation is negotiation carried out with the assistance of a third party.“[FN: Goldberg/Sander/Rogers, Dispute Resolution, S. 103.]
1.2. Historische Entwicklung
1.2.1. Konfliktbeilegung durch Vermittlung
Der Grundgedanke, einen Konflikt durch Einschaltung eines neutralen Dritten einvernehmlich beizulegen, dürfte annähernd so alt sein wie die menschliche Zivilisation selbst. Schon in der Antike[FN: Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 2 Rn. 10.] und auch in der Bibel[FN: Matthäus 5,9; 1. Timotheus 2, 5; 1.Korinther 6, 1-4.] finden sich Hinweise darauf. In anderen Kulturkreisen, vor allem in China und Japan, aber auch in afrikanischen und lateinamerikanischen Stammesgesellschaften haben Techniken zur Konfliktlösung durch Vermittlung eine mindestens ebenso lange Tradition.[FN: Vgl. Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 6 Rn. 7 ff.] Gerade bei den Stammesvölkern wurde hierdurch dem Bedürfnis entsprochen, Lösungen zu Konflikten zu finden, die den Parteien ein weiterhin friedliches Zusammenleben in ihrer vergleichsweise kleinen Gemeinschaft ermöglichte.[FN: Ein Bedürfnis, das in unserer Massengesellschaft nachgelassen haben dürfte, vgl. Wesel, NJW 2002, 415.] Auch in Europa konnte die Konfliktlösung durch Vermittlung schon früh beachtliche Erfolge feiern. So geht der Westfälische Friede 1648 auch auf den Einsatz päpstlich entsandter Mittelsmänner zurück, die damals sogar schon ausdrücklich Mediatoren genannt wurden.[FN: Haft, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 2 Rn. 10.] Vermittlungstechniken dieser Art wurden aber durch die zunehmende Verrechtlichung in den letzten Jahrhunderten in den Hintergrund gedrängt.[FN: Ausführlich Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 6 Rn. 8 ff.]
1.2.2. Heutiges Verständnis der Mediation
Mediation in dem Sinne, wie sie heute verstanden wird[FN: S.o. unter A.I.1.] wurde zu Beginn der siebziger Jahre in den USA entwickelt. Eine wachsende Unzufriedenheit mit den gerichtlichen und behördlichen Verfahren zur Konfliktbeilegung führte dort zur Entwicklung und Erforschung alternativer Verfahren unter dem Sammelbegriff „Alternative Dispute Resolution“ (ADR). Die ADR-Verfahren sind von der Erkenntnis geprägt, dass ein Konflikt zur Zufriedenheit aller Beteiligten beigelegt werden kann, wenn der Beilegung ein Verfahren zu Grunde gelegt wird, das auf der Einbeziehung aller Beteiligten, Freiwilligkeit, Fairness und Offenheit basiert. Diese Erkenntnisse wurden in den folgenden Jahren nicht nur praktisch erprobt,[FN: Ein erstes größeres ADR-Projekt fand 1973/1974 im Zusammenhang eines umstrittenen Staudammbaus statt, vgl. Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 6 Rn. 36, 44 m.w.N. Doch auch im Rahmen des Scheidungsverfahrens verbreitete sich die Mediation schnell.] sondern auch in universitären Projekten wie dem „Harvard Negotiation Project“[FN: Vgl. Fisher/Ury/Patton, Das Harvard-Konzept, S. 260 f.] wissenschaftlich ausgearbeitet. Innerhalb der ADR-Verfahren, die sich in den USA mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Streitkultur entwickelt haben, bildet die Mediation neben der Verhandlung (negotiation) und dem Schiedsverfahren (arbitration) eine etablierte 'dritte Säule'.
1.2.3. Entwicklung der Mediation in Deutschland
In Deutschland nahm man erst in den achtziger Jahren Notiz von der Mediation – ähnlich wie in anderen Staaten zunächst im Bereich der familiären Konflikte, also vor allem bei Scheidungen. Mittlerweile hat sie sich jedoch ein erheblich breiteres Anwendungsfeld erobert, das sich über alle Rechtsgebiete erstreckt. Auch die wissenschaftliche Bearbeitung des Themas ist in Form zahlreicher und umfangreicher Literaturbeiträge vorangeschritten.[FN: Die Nachweise in Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation (zu Beginn der einzelnen §§) dürften für sich sprechen.] Zudem hat sich, für uns Deutsche wohl typisch, eine Vielzahl von Verbänden und Vereinen der Mediation und hier vor allem dem Bereich der Ausbildung verschrieben.[FN: Vgl. dazu den Bereich „Aus- und Weiterbildung“ im 2. Teil dieser Arbeit.] Diesbezüglich ist vor allem bemerkenswert, dass der Mediation nach dem neu gefassten § 5 a DRiG in der Juristenausbildung die Rolle einer Schlüsselqualifikation zukommt.[FN: Kritisch hierzu Kracht/Rüssel, JA 2003, 725 (726).] Der Zeitpunkt, an dem in Deutschland die Mediatoren mehr Geld umsetzen als die Mediationsausbilder,[FN: Wesel, NJW 2002, 315: „Und die Anwälte in den USA verdienen schon Millionen damit, während bei uns in erster Linie noch diejenigen verdienen, die junge Anwältinnen und Anwälte ausbilden in dieser Disziplin...“] dürfte jedenfalls immer näher rücken.
2. Was ist Mediation nicht?
Zur Abgrenzung anderer Wege der außergerichtlichen Streitbeilegung von der Mediation, orientieren wir uns an den oben erwähnten,[FN: S.o. unter A.I.3.b).] in den USA entwickelten ADR-Verfahren. Hierzu gehören neben der Mediation hauptsächlich die Verhandlung (negotiation) und das Schiedsverfahren (arbitration). Das Verhältnis zwischen Mediation und Verhandlung bildet später[FN: S.u. unter B.] einen Schwerpunkt dieser Arbeit. Daneben ist die Mediation von solchen Verfahren abzugrenzen, in denen Dritte zur Konfliktbewältigung eingeschaltet werden.
2.1. Moderation
Im Rahmen einer Moderation[FN: Engl. facilitation, vgl. Hehn, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 6 Rn. 43 f.] wird wie bei der Mediation eine Verhandlung durch einen neutralen Vermittler, den Moderator unterstützt. Dieser hat hier ebenfalls keine inhaltliche Entscheidungsbefugnis, hat aber auch keinen direkten Einfluss auf das Verfahren der Verhandlung.[FN: Rüssel, JuS 2003, 380 (381).] Anders als der Mediator sorgt der Moderator bloß dafür, dass die Verhandlung in sachlicher Form und ordnungsgemäß abläuft, mithin nicht eskaliert. Einfluss auf die Art und Weise, wie die Parteien ihren Konflikt zu lösen versuchen, ob sie also z.B. auf Zusammenarbeit und nicht, wie üblich, auf eine streitbetonende Konfrontation setzen, hat er dagegen nicht.
2.2. Schlichtung
Bei einer Schlichtung[FN: Zur Wortbedeutung vgl. Rüssel, JuS 2003, 380 (382).] wird der neutrale Dritte eingeschaltet, um sich die Verhandlungspositionen und -vorschläge der Parteien anzuhören und auf der Basis dieser Vorschläge einen eigenen Lösungsvorschlag zu unterbreiten. Diesen können die Parteien akzeptieren, sie müssen es aber nicht. Die Schlichtung wird daher in der amerikanischen Terminologie als "non-binding arbitration" bezeichnet. In Deutschland kennt man die Schlichtung vor allem von den jährlichen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Primäres Ziel ist die Aussöhnung der Parteien nach vorausgegangenen fruchtlosen Verhandlungen. Der Vorschlag des Schlichters, regelmäßig ein Experte auf dem jeweiligen Sachgebiet, soll der Eskalation eines Konfliktes vorbeugen und den guten Ruf der streitenden Parteien in der Öffentlichkeit wahren.[FN: Rüssel, JuS 2003, 380 (382); Kracht/Rüssel, JA 2003, 725 (727).] Wie dem Mediator fehlt auch dem Schlichter die Entscheidungsgewalt, im Unterschied zu ihm ist er jedoch immerhin zu einer selbstbestimmten Sachentscheidung befugt.
2.3. Schiedsverfahren
Der maßgebliche Unterschied zwischen der Schlichter und dem Schiedsrichter[FN: Zur Wortbedeutung s. auch hier Rüssel, JuS 2003, 380 (382).] liegt darin, dass sich die beteiligten Parteien vor Beginn des Verfahrens dem Schiedsspruch, also der abschließenden Entscheidung des Schiedsrichters unterwerfen. Das zu Grunde liegende Verfahren heißt im englischsprachigen Raum folgerichtig "binding arbitration". Wollen die Parteien einen Konflikt durch Einschaltung eines Schiedsrichters lösen, kommt nach deutschem Recht vor allem ein Schiedsverfahren nach den §§ 1025 ff. ZPO in Betracht.[FN: Eine Alternative stellt das landesgesetzliche Verfahren vor Schiedsleuten dar, in dem dem Schiedsrichter keine gesetzliche, aber eine faktische Entscheidungsgewalt zukommt; vgl. Kracht/Rüssel, JA 2003, 725 (728).] Die Parteien sollten also einem Schiedsverfahren gegenüber der Mediation den Vorzug geben, wenn sie die autoritäre Entscheidung eines Dritten für ein in der Vergangenheit liegendes, juristisch eher leicht zu lösendes Problem benötigen.[FN: Kracht/Rüssel, JA 2003, 725 (728).]
2.4. Mischformen
Die genannten Verfahren sind (einschließlich der Mediation) durchweg freiwillig und lassen sich auch in ihrem Ablauf grundsätzlich frei durch die Parteien gestalten. Sollten sie daher den Bedürfnissen der Parteien nicht entsprechen, lassen sie sich ggf. auch miteinander kombinieren. In der wissenschaftlichen Diskussion hat sich vor allem die Kombination aus Mediation und SchiedsVerfahren als gangbare Mischung herausgebildet. Hier werden sogleich beide denkbaren Wege vorgeschlagen: Legt man den Akzent auf das Schiedsverfahren, ist sowohl die Vorbereitung eines Schiedsverfahrens durch eine Mediation (sog. „pre-arbitral mediation“)[FN: Vgl. Bühring-Uhle, Arbitration and Mediation in International Business, S. 369 f.] als auch der 'Einbau' mediativer Phasen in eine Schiedsverhandlung (sog. „mediation windows“)[FN: Vgl. Bühring-Uhle, Arbitration and Mediation in International Business, S. 370 ff. Allgemein lässt sich die Mediation phasenweise universell auch in andere Konfliktlösungsverfahren "einbauen". Man nennt das „integrierte Mediation“, vgl. Trossen, in: Haft/Schlieffen, Handbuch Mediation, § 18 Rn. 74 ff.] sowie http://www.integrierte-mediation.net.
OffeneFrage. Was ist mit dem folgenden Fragment?
denkbar. durch integrierte Schiedsverfahren beilegen[FN: Vgl. zum integrierten Schiedsverfahren in der Scheidungsmediation Schäfer/Reh, ZKM 2003, 223.] und so ein Verfahren, dessen Erfolg insgesamt „auf der Kippe steht“, retten.
2.5. Obligatorische Streitbeilegung, §§ 15a EGZPO, 278 ZPO
Alle bisher genannten Verfahren einschließlich der Mediation haben gemeinsam, dass sich die Parteien freiwillig zu ihrer Durchführung entschließen können. Einen deutlichen Kontrast hierzu bilden diejenigen Vorschriften des deutschen Zivilverfahrensrechts, die in bestimmten Fällen eine obligatorische außergerichtliche Streitbeilegung regeln. So können die Bundesländer nach dem zum 15. Dezember 1999 eingeführten § 15a EGZPO Gesetze erlassen, durch die in bestimmten Fällen die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens von einem vorherigen erfolglosen Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung abhängig gemacht[FN: Die Vorschrift stellt dabei eine echte Prozessvoraussetzung dar; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 15a EGZPO Rn. 2.] wird. Einige Länder[FN: Dies sind die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Abgedruckt sind die Gesetze im Schönfelder-Ergänzungsband, Nrn. 104 ff.], so auch das Saarland[FN: Sog. Saarländisches Landesschlichtungsgesetz (Saar LSchlG), abgedruckt im Schönfelder-Ergänzungsband, Nr. 104 e.], haben mittlerweile entsprechende sog. Schlichtungsgesetze erlassen. Diese regeln die Voraussetzungen und konkrete Rechtsfolgen eines außergerichtlichen Verfahrens, das den Anforderungen des § 15a EGZPO genügt. Ein entsprechendes Verfahrens kann der Richter den Parteien nach dem am 01. Januar 2002 in Kraft getretenen § 278 V 2 ZPO[FN: Siehe BT-Drs. 14/4722, S. 62.] auch während des laufenden Prozesses vorschlagen. Diese Vorschrift hat sich bisher jedoch als praktisch nahezu unbedeutend erwiesen.[FN: Vgl. Eisele, Jura 2003, 656 (662 f.).] So leicht es fällt, die obligatorische Streitbeilegung anhand des Merkmals der Freiwilligkeit[FN: S.o. unter ...] von den obigen Verfahren abzugrenzen, so schwer fällt je nach Landesgesetz die genaue Bestimmung, welches Verfahren die Parteien im konkreten Fall zu erwarten haben. So ist z.B. im Saarländischen Landesschlichtungsgesetz (Saar LSchlG) von einem „Schlichtungsverfahren“ die Rede (§§ 37a I, 37f II 1), der neutrale Dritte wird jedoch zunächst als „Schiedsperson“ (§§ 37b I, 37c II), kurz darauf jedoch als „Schlichtungsperson“ (§ 37e III 2) oder nur als „Schlichter“ bezeichnet (§ 37j II). In den anderen Ländern ist die Benennung ähnlich unscharf. Zumal in allen Schlichtungsgesetzen der Ablauf des Verfahrens, wenn überhaupt, dann nur vage angedeutet ist, wird dieser in concreto in der Regel[FN: Eine Ausnahme dürfte das Bayerische Schlichtungsgesetz (BaySchlG, Schönfelder-Erg.band Nr. 104a) bilden, das in Art. 10 einen Verlauf vorsieht, der dem typischen Gang einer Schlichtungsverhandlung mit abschließendem, nicht bindendem Lösungsvorschlag des Schlichters entspricht.] nicht deutlich. Die Streitschlichtungsgesetze der Länder enthalten insoweit lediglich die wichtigsten Verfahrensgrundsätze.[FN: Eisele, Jura 2003, 656 (662) m.w.N.] In diesen Fällen könnte die zur Streitbeilegung zuständige Person z.B. auch ein strukturiertes Mediationsverfahren vorschlagen.[FN: So der Vorschlag von Wolfram-Korn/Schmarsli, Außergerichtliche Streitbeilegung in Deutschland, S. 88 ff.] Spätestens hier ist jedoch eine tatsächliche Kooperationsbereitschaft der Parteien erforderlich, die über das Bestreben hinausgeht, möglichst schnell die für die Anstrengung eines Gerichtsverfahrens erforderliche Erfolglosigkeitsbescheinigung[FN: Vgl. nur § 37c Saar LSchlG.] in Händen zu halten. Nicht nur aus diesem Grund kann man dem vorgeschalteten Verfahren nach § 15a EGZPO eher skeptisch gegenüber stehen.[FN: So auch mit weiteren Gründen Eisele, Jura 2003, 656 (662).]