Beleidigung, geregelt in § 185 StGB.
Der Begriff
Geschichte
Im römischen Recht meint "Beleidigung" (iniuria) die handgreifliche, körperliche Beleidigung, später wurde auch die verbale Ehrkränkung unter den Begriff subsumiert.
Im germanischen Recht gab es detallierte Bußgeldkataloge für sowohl tätliche Angriffe wie auch einzelne Schimpfwörter.
Rechtsgut
Das Gesetz definiert den Begriff "Beleidigung" nicht näher.
Man unterscheidet den
faktischen Ehrbegriff
subjektive Ehre: das persönliche Ehrgefühl,
äußere Ehre: der gute Ruf, Leumund
normativen Ehrbegriff: Anspruch auf Achtung der Persönlichkeit, die jeder Person zukommt unabhängig von deren Verhalten im Einzelnen
Laut Hafts Normalfall-Analyse bedeutet Beleidigung die Kundgabe von Mißachtung.
Bestimmtheit
Es ist fraglich, ob der Gesetzeswortlaut für einen Straftatbestand hinreichend bestimmt ist.
In der Literatur wird vertreten, die Bestimmtheit lasse sich auch nicht aus dem systematischen Zusammenhang oder der bisherigen RechtSprechung herleiten.
Das BundesVerfassungsGericht hingegen hat keine Bedenken:
Auch wenn das für eine unter der Geltung des Grundgesetzes erlassene Strafvorschrift als unzureichend anzusehen sein sollte, hat der Begriff der Beleidigung jedenfalls durch die über hundertjährige und im wesentlichen einhellige Rechtsprechung einen hinreichend klaren Inhalt erlangt, der den Gerichten ausreichende Vorgaben für die Anwendung an die Hand gibt und den Normadressaten deutlich macht, wann sie mit einer Bestrafung wegen Beleidigung zu rechnen haben (vgl. BVerfGE 71, 108 <114 ff.>).
BVerfGE 93, 266, 290 - Soldaten sind Mörder (hier abrufbar)
Rechtfertigungsgründe
- allgemeine Rechtfertigungsgründe
- Einwilligung
- Notwehr ("Ehrennotwehr")
- besondere Rechtfertigungsgründe
- §193, Wahrnehmung berechtigter Interessen
- Güter- und Interessenabwägung zwischen dem Anspruch des Beleidigten auf Unversehrtheit seiner Ehre einerseits und dem Anspruch des Beleidigers auf Wahrnehmung bestimmter Interessen andererseits
- Grundrecht der freien Meinungsäußerung, Art. 5 GG, bei Fragen der öffentlichen Meinungsbildung
- zwei Voraussetzungen:
- Verfolgung eines schutzwürdigen Interesses
- Verwendung eines angemessenen Mittels (mildestes Mittel, Informationspflicht, keine leichtfertigen Tatsachenbehauptungen)
- §193, Wahrnehmung berechtigter Interessen
Systematik der §§185-187
Systematik |
Tatsachenbehauptung |
Werturteil |
Gegenüber einem Dritten |
- Bei Nichterweislichkeit der Tatsache: §186 |
immer §185 |
- Bei Unwahrheit der Tatsache: §187 |
||
- Bei Wahrheit der Tatsache: §§185, 192 |
||
Gegenüber dem Beleidigten |
immer §185 (i.V.m. §192) |
immer §185 |
§185 ist also ein Auffangtatbestand für die Fälle, wenn keine Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten gemacht wird.
Literatur: Haft, Strafrecht Besonderer Teil, Beck