Inhaltsverzeichnis
1. Aktuelles
Der Prozess ist jetzt definitiv zu Ende.
Ich habe vor ein paar Tagen einen Kostenbescheid von der Staatsanwaltschaft am LandGericht Frankfurt erhalten, in dem mir neben dem Bußgeld von 100 Euro noch die GerichtsKosten vollständig aufgebrummt werden. Auch wenn ich darüber nichts Schriftliches erhalten habe, heißt dies: die von uns eingelegte RechtsBeschwerde (als letzte Möglichkeit noch gegen das Urteil vom August 2007 anzugehen) wurde abgelehnt. Es gab Schwierigkeiten mit der Briefzustellung wegen eines Zahlendrehers bei der Postleitzahl, so dass die zeitliche Verzögerung nicht weiter verwunderlich war.
Erfahrungsreich waren der Kontakt mit der Staatsgewalt, mit den Gerichten, die Auseinandersetzung mit Freunden, Bekannten und Fremden zu diesem Thema für mich.
Sehr schade fand ich, dass der Rechtsanwalt im Frühjahr diesen Jahres krankheitsbedingt das Mandat für unseren Fall niedergelegt hat. Der Abschluss lief aufgrund von Missverständnissen mit seinen Kolleginnen nicht so glatt.
Sehr hilfreich fand ich, dass die Gerichtsgebühren sowie die hohen Anwaltskosten vollständig vom Rechtshilfefonds übernommen wurden. Ich hätte diese Kosten selbst finanziell nicht tragen können. Martin Singe unterstützte nicht nur im GerichtsSaal, sondern opferte auch außerhalb seine Zeit und Kraft dafür.
Toll war die Unterstützung durch diese resist-Liste und bei den Gerichtsterminen durch die Anwesenden. Ohne euch hätte ich mit Sicherheit vorher aufgegeben! Ich habe mal wieder gemerkt, dass der Beistand von Gleichgesinnten essenziell ist, um so etwas und das noch über einen so langen Zeitraum überhaupt durchzustehen.
DANKESCHÖN!!!
Hoffentlich wurden nicht Menschen - vor allem jüngere - abgeschreckt durch die Härte des Staates in einigen Fällen, durch die Zähe der gerichtlichen Bürokratie oder durch die feigen Urteile der Richter, weiter einzutreten für Gerechtigkeit und Frieden!
Rechtsbeschwerde
Die RechtsBeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 31. August 2007 ist eingereicht (siehe unter 5. Dokumente). Nun muss sich das OberlandesGericht Frankfurt/Main damit auseinandersetzen und urteilen, ob die RechtsBeschwerde zuzulassen ist.
In der Wikipedia findet man zum Begriff RechtsBeschwerde folgende Erklärung:
"Im Bereich der Strafgerichte ist die Rechtsbeschwerde lediglich in gerichtlichen Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten zulässig. Sie ist das einzige Rechtsmittel gegen Urteile und Entscheidungen in Bußgeldverfahren. Die Höhe der Geldbuße muss den Betrag von 250 Euro übersteigen oder nach § 79 Abs. 1 OWiG im übrigen eine Nebenfolge o.ä. angeordnet wurde. Daneben kann die Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeiterecht zugelassen werden, wenn die Fortbildung des Rechts dadurch gewährleistet wird oder das rechtliche Gehör verletzt wurde. Die Rechtsbeschwerde gegen die Urteile und Entscheidungen des Amtsgerichtes führen vor die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte." http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsbeschwerde
Das Urteil des Oberlandesgerichts dazu werde ich selbstverständlich wieder an dieser Stelle veröffentlichen.
Kostenentscheidung
Zum Hintergrund: Das Amtsgericht hatte am 31. August 2007 geurteilt, dass "die Angeklagte [... ]alle Verfahrenskosten einschließlich der Kosten der Revision und ihre notwendigen Auslagen [zu tragen hat]". Dagegen haben wir sofort eine Beschwerde eingelegt, die jedoch am 4.10.2007 vom Landgericht Frankfurt mit folgender Begründung abgewiesen wurde:
"Die zulässig fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet. [...] Zwar hat, wie in der Beschwerdeschrift zutreffend vorgetragen wird, die Verurteilte [...] die äußeren Tatbestandsmerkmale des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht eingeräumt. Auch hat sie [...] nochmals erklärt, Teilnehmerin der Gruppe gewesen zu sein. Im Schriftsatz vom 22.08.2007 hat sie jedoch weiter ausgeführt, weshalb ihr Handeln gerechtfertigt und geboten gewesen sei. Da die Verurteilte - bezogen auf den Verstoß gegen das Versammlungsrecht - ihre Schuld mithin gerade nicht eingeräumt hat, kann nach den Umständen davon ausgegangen werden, dass sie das Rechtsmittel auch dann eingelegt hätte, wenn sie bereits im ersten Urteil lediglich wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und nicht wegen Nötigung verurteilt wäre."
Kommentar des RA Thomas Scherzberg zur Kostenentscheidung des Landgericht:
"[der] Beschluss des Landgerichts Frankfurt, der inhaltlich zwar falsch, aber gem. § 310 StPO leider nicht mehr anfechtbar ist. Das Landgericht übersieht hier vollkommen, dass zunächst eine Verurteilung wegen Verstoß gegen ein Strafgesetz erfolgt ist und nach Zurückweisung durch das Oberlandesgericht lediglich ein Bußgeld wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verhängt wurde, würdigt diesen Sachverhalt nicht und kommt daher zum falschen Ergebnis. Allerdings ist die Kammer dafür bekannt, dass sie dem Staat immer Geld sparen will. Hier geht es leider auf unsere Kosten."
Urteil vom 31. August 2007
"Gegen die Angeklagte wird wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz- Nichtentfernen aus einer aufgelösten Versammlung - eine Geldbuße von 100,- Euro festgesetzt. Die Angeklagte trägt die Verfahrenskosten einschließlich der Kosten der Revision und ihre notwendigen Auslagen."
So lautet der schriftliche Urteilsspruch, der stellvertretend für viele andere, die mit mir gemeinsam am 29.03.2003 gegen den Irak-Krieg von 2003 protestierten, erging.
Die Urteilsbegründung fasst 7 Seiten Text und mir war schon beim ersten Lesen als hätte ich das alles schon einmal gelesen. Überraschungen gibt es also nicht; auch findet sich in der Begründung all das nicht, was der vorsitzende Richter Fiebig bei der Urteilsverkündigung fragliches von sich gegeben hat: man solle doch im Anbetracht des Irak-Krieges von 2003 einmal ernsthaft überlegen, ob es nicht doch einen "Gerechten Krieg" geben könne, die Angeklagte sei nicht einsichtig und müsse deshalb alle (sic!) Kosten des Verfahrens selber tragen, die Richter und Richterinnen des Oberlandesgerichtes wären Komplizen der Angeklagten und ihres Anwaltes usw.
Der Text des Urteils kann unter 5. Dokumente als pdf-Dokument nachgelesen werden.
Das Urteil wird durch eine sogenannte RechtsBeschwerde angefochten werden, was angesichts der schlechten Urteilsbegründung sehr erfolgsversprechend scheint. In der Wikipedia findet man dazu: "Im Bereich der Strafgerichte ist die Rechtsbeschwerde lediglich in gerichtlichen Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten zulässig. Sie ist das einzige Rechtsmittel gegen Urteile und Entscheidungen in Bußgeldverfahren. Die Höhe der Geldbuße muss den Betrag von 250 Euro übersteigen oder nach § 79 Abs. 1 OWiG im übrigen eine Nebenfolge o.ä. angeordnet wurde. Daneben kann die Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeiterecht zugelassen werden, wenn die Fortbildung des Rechts dadurch gewährleistet wird oder das rechtliche Gehör verletzt wurde. Die Rechtsbeschwerde gegen die Urteile und Entscheidungen des Amtsgerichtes führen vor die Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte." (http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsbeschwerde)
Die RechtsBeschwerde wird nun von einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin beim Oberlandesgericht eingereicht. Vor allem angreifbar ist die Urteilsbegründung durch einen Absatz:
"Irgendwelche Rechtfertigungsgründe nach Recht und Gesetz standen der Angeklagten nicht zu; die Voraussetzungen der Notwehr (§ 15 OWiG) oder des rechtfertigenden Notstandes (§ 16 OWiG) lagen nicht vor, auch war die Tat der Angeklagten keineswegs juristisch geboten. Den Rechtfertigungsgrund "ziviler Ungehorsam" gibt es nicht, die Tatbestandsverwirklichung kann nicht ihr gegebener Rechtfertigungsgrund sein."
Dies wird in Anbetracht der Tatsache, dass Richter Fiebig alle beantragten BeweisMittel mit der Begründung gemäß §§ 244/245 Absatz 4 der StPO ablehnte, zur Farce. Das Gericht führte aus, es hätte bereits eigene hinreichende Sachkenntnis. Dagegen sollten die BeweisMittel genau darlegen, warum der Rechtfertigende Notstand im Fall unserer Friedensaktion anwendbar war und die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt blieb.
Als Reaktion auf das Urteil verfasste Jochen Scholz, Oberstleutnant a. D. einen persönlich an Richter Fiebig gerichteten Brief, in dem er sehr pointiert darlegt, wie er das Urteilsvermögen des Amtsrichters einschätzt: "[...]Auch für Richter gilt aber das Gebot des lebenslangen Lernens, also sonnen Sie sich micht zu lang im Glanz dieser Elite, zu der auch so illustre Figuren wie Paul Wolfowitz, Dick Cheney, Richard Perle, "Prince of darkness" genannt, John Bolton und Donald Rumsfeld gehören. Dies besonders, wenn Sie den Anspruch erheben, nicht nur der Floskel nach im Namen des Volkes zu urteilen, denn das Volk ist bereits weiter, als Sie. [...]"
Inzwischen ist dieser Brief auch im Internet unter http://www.medienanalyse-international.de/gerechterkrieg.html zu finden.
Franziska Senze
2. Pressemitteilungen
Pressemitteilung vom 31. August 2007: Airbase-Prozesse (Irak-Krieg 2003) gegen Friedensbewegung: Verurteilung im Sitzblockade-Prozess - Richter erinnert an "Gerechten Krieg"
Das Amtsgericht Frankfurt verurteilte am 31. August 2007 die Studentin Franziska Senze aus Münster unter dem Vorsitz von Richter Fiebig zu einer Geldbuße von 100,- Euro wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Senze hatte sich am 28.3.2003 an einer Sitzblockade der Friedensbewegung gegen den Irak-Krieg vor der US- Airbase Frankfurt beteiligt. Die Staatsanwaltschaft warf der Angeklagten Uneinsichtigkeit vor, Richter Fiebig rügte, dass die Angeklagte ihre Meinung zur Völkerrechtswidrigkeit absolut setze. Sie sollte überlegen, ob es nicht auch "Gerechte Kriege" geben könne.
Senze war zunächst wegen des Straftatvorwurfs der Nötigung (§ 240 StGB) verurteilt worden und hatte dagegen Revision eingelegt. Zwischenzeitlich hatte das OLG Frankfurt in einem Parallel-Verfahren entschieden, dass die Sitzblockaden gegen den Irak-Krieg nicht als gewaltsame und verwerfliche Nötigung gewertet werden dürften. Senzes Verfahren musste or dem Amtsgericht neu aufgerollt werden.
Die Angeklagte nahm in ihrem Plädoyer für ihren gewaltfreien Widerstand gegen den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg den rechtfertigenden Notstand in Anspruch. Als Zeugin eines Verbrechens habe sie tätig werden müssen. In bestimmten Situationen könnten formal rechtswidrige Handlungen dennoch rechtmäßig und geboten sein. Sie habe mit ihrer Tat in der Logik von Verfassungs- und Völkerrecht gehandelt und würde sich auch künftig genauso entscheiden. In diesem Verfahren gelte es, die Verhältnismäßigkeit und die Gründe ihres Handelns und die Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges zu überprüfen und gegeneinander abzuwägen.
RA Thomas Scherzberg, Frankfurt, stellte als Verteidiger Beweisanträge zur Einholung von verfassungs- und völkerrechtlichen Sachverständigengutachten. Zur Völkerrechtsfrage sollten der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Dieter Deiseroth, und die Völkerrechtler Norman Paech (MdB), Hamburg, und Daniel-Erasmus Khan, München, befragt werden. Zur Frage der Geeignetheit und rechtlichen Rechtfertigungsmöglichkeit Zivilen Ungehorsams die Professoren Theodor Ebert, Berlin, Roland Roth, Magdeburg, und Horst Schüler-Springorum, München. Die Beweisaufnahme werde damit - so Rechtsanwalt Scherzberg - zu dem Ergebnis gelangen, "dass das Verhalten der Angeklagten ... gerechtfertigt und geboten war".
Alle Beweisanträge wurden jedoch vom Gericht pauschal und ohne weitere Begründung abgelehnt. RA Scherzberg forderte dennoch ein "mutiges Urteil", das angesichts der Völkerrechtswidrigkeit dieses mit Lügen begonnenen Krieges möglich und nötig sei. Wundern müsse man sich, dass die Staatsanwaltschaft nicht die Unterstützer des Krieges verfolge. Senze betonte in ihrem Schlusswort, dass sie durch die Ablehnung der Beweisanträge in ihren Prozessrechten verletzt wurde. Die Staatsanwaltschaft bedauerte in ihrem Plädoyer, dass aufgrund der OLG-Entscheidung eine Verurteilung wegen einer Straftat nicht mehr möglich sei. Da die Angeklagte keinerlei Einsicht zeige, drohe außerdem Wiederholungsgefahr. Der Richter ersetzte in seiner Urteilsbegründung Argumente durch Behauptungen. Er nannte das OLG eine mit der Angeklagten und der Verteidigung verbündete Instanz; sonst hätte er das Vergehen auch als Straftat verurteilen können. Juristisch sei klar, dass es keine Rechtfertigungsgründe geben könne. Außerdem solle die Angeklagte ihre Meinung nicht absolut setzen und darüber nachdenken, ob es nicht doch "Gerechte Kriege" geben könne. Strafmildernd kam für ihn in Betracht, dass die Angeklagte ansonsten "ein anständiger junger Mensch" sei, so dass er unter dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Bußgeld von 150,- Euro blieb.
Die Angeklagte und die Verteidigung hatten bereits bei der Beweisaufnahme deutlich gemacht, dass sie gegen eine mögliche Verurteilung Rechtsmittel einlegen werden. Dies wird nun in Form einer Rechtsbeschwerde an das OLG vorgenommen werden.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln, Tel.: 0221-9726920
Netzwerk Friedenskooperative, Römerstr. 88, 53111 Bonn, Tel.: 0228-692904
Pressemitteilung vom 29. August 2007: Blockade-Prozess Ffm-Airbaise am 31.08.2007 Airbase-Prozesse (Irak-Krieg 2003) gegen Friedensbewegung: Völkerrechtliche Beweisanträge im Sitzblockade-Prozess am 31.8.2007
Prozesstermin: Freitag, 31.8.2007, 9.00 Uhr, AG Frankfurt, Gebäude E, Raum 25
Am 31. August 2007 wird der am 20. August vertagte Prozess unter dem Vorsitz von Richter Fiebig über den Straftatvorwurf der Nötigung (§ 240 StGB) fortgesetzt. Franziska Senze aus Münster wird vorgeworfen, sich während des Beginns des Irak-Krieges am 28.3.2003 an einer gewaltfreien Sitzblockade vor der US-Airbase Frankfurt beteiligt zu haben.
Aufgrund der OLG-Entscheidung von September 2005 in parallelen Verfahren hatte Richter Fiebig am 20.8.07 deutlich gemacht, dass eine Verurteilung wegen Nötigung unwahrscheinlich, aber eine Überführung in ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angezeigt sei.
Die Angeklagte wird sich mit ihrem Verteidiger, RA Thomas Scherzberg, Frankfurt, auch gegen den Vorwurf zur Wehr setzen, rechtswidrig gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Wegen der Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Kriegs seien für die Bürgerinnen und Bürger gewaltfreie Aktionen Zivilen Ungehorsams angemessene und gebotene Möglichkeiten gewesen, gegen den Krieg politischen Widerstand auszuüben. Die Bundesregierung hatte den völkerrechtswidrigen US-Angriffskrieg auf den Irak im März 2003 massiv unterstützt (Gewährung von Überflugrechten, AWACS-Einsätze, Bundeswehr-Schutz für US-Kasernen usw.) und hat damit selbst völkerrechts- und verfassungswidrig gehandelt.
Deshalb wird die Verteidigung in Beweisanträgen die Einholung verfassungs- und völkerrechtlicher Sachverständigengutachten beantragen. Zur Völkerrechtsfrage sollen der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Dieter Deiseroth, und die Völkerrechtler Norman Paech (MdB), Hamburg, und Daniel-Erasmus Khan, München, befragt werden. Zur Frage der Geeignetheit und rechtlichen Rechtfertigungsmöglichkeit Zivilen Ungehorsams die Professoren Theodor Ebert, Berlin, Roland Roth, Magdeburg, und Horst Schüler- Springorum, München.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
Pressemitteilung vom 20. August 2007: Airbase-Prozesse (Irak-Krieg 2003) gegen Friedensbewegung: Sitzblockade-Prozess wurde vertagt - keine Nötigung!
Neuer Prozesstermin: Freitag, 31.8.2007, 9.00 Uhr AG Frankfurt, Gebäude E, Raum 25
Am 20. August 2007 hat das Amtsgericht Frankfurt unter dem Vorsitz von Richter Fiebig erneut über den Straftatvorwurf der Nötigung (§ 240 StGB) beraten. Franziska Senze aus Münster, Klaus Bade aus Starnberg und Ulrike Klug-Kuranel aus Kassel war vorgeworfen worden, sich während des Beginns des Irak-Krieges am 28.3.2003 an einer gewaltfreien Sitzblockade an der US-Airbase Frankfurt beteiligt zu haben.
Im vorliegenden Fall hatten die Angeklagten Sprungrevision gegen die Verurteilung durch das Amtsgericht vom 29.10.2004 eingelegt. Am 18.1.2006 verwies das OLG die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück. Die Feststellungen des AG-Urteils seien "unvollständig und lückenhaft" und könnten den Schuldspruch nicht tragen. Der neuerliche AG-Prozess wurde am 25.9.2006 eröffnet und wegen erheblichen Zeitmangels auf den 20.8.2007 vertagt.
Aufgrund der OLG-Entscheidung von September 2005 in parallelen Verfahren machte Richter Fiebig eingangs informell deutlich, dass eine Verurteilung wegen Nötigung unwahrscheinlich, aber eine Überführung in ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz angezeigt sei, falls die Angeklagten einer Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 (geringe Schuld; kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung) nicht zustimmen würden.
Nach kurzer Beratungspause wurden zwei Verfahren abgetrennt und eingestellt. Das Verfahren gegen Franziska Senze wird - konzentriert auf den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit - fortgesetzt werden. Die Beweisanträge der Verteidigung für diesen nun erhobenen Vorwurf werden dem Gericht zum Verfahren am 31. August 2007 vorgelegt.
Die Angeklagte Senze will sich auf den Rechtfertigenden Notstand berufen, dem gemäß auch im Falle des Vorwurfes eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ein Freispruch möglich ist. Die Gründe für diesen Rechtfertigenden Notstand speisen sich sowohl aus der Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Kriegs als auch aus der Angemessenheit und Geeignetheit des Zivilen Ungehorsams als gewaltfreie Aktionsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, gegen den Krieg politischen Widerstand auszuüben. Die Bundesregierung hatte den völkerrechtswidrigen US-Angriffskrieg auf den Irak im März 2003 massiv unterstützt (Gewährung von Überflugrechten, AWACS-Einsätze, Bundeswehr-Schutz für US-Kasernen usw.) und hat damit selbst völkerrechts- und verfassungswidrig gehandelt. Dagegen galt es friedenspolitisch aktiv zu werden und zu handeln.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
Pressemitteilung vom 15. August 2007: Fortsetzung der Prozessserie gegen Friedensbewegung
Amtsgericht Frankfurt vor neuem Sitzblockade-Urteil Airbase-Prozesse (Irak-Krieg 2003) gegen Friedensbewegung
Neuer Gerichtstermin:
AG Frankfurt, Hammelsgasse 1, Gebäude E, Frankfurt am Main
Montag, 20.8.2007, 9.00 Uhr, Raum 23, II. Stock (Raumänderung möglich! Bitte am Eingang nachfragen!)
Am 20. August 2007 wird das Amtsgericht Frankfurt unter dem Vorsitz von Richter Dr. Heilmann erneut über den Straftatvorwurf der Nötigung (§ 240 StGB) zu entscheiden haben. Franziska Senze aus Münster, Klaus Bade aus Starnberg und Ulrike Klug-Kuranel aus Kassel wird vorgeworfen, sich während des Beginns des Irak-Krieges am 28.3.2003 an einer gewaltfreien Sitzblockade an der US-Airbase Frankfurt beteiligt zu haben.
In der Prozessserie gegen die Friedensbewegung wurde gegen rund 50 Angeklagte verhandelt. Im September 2005 verwarf das OLG Frankfurt in zwei Urteilen den Nötigungsvorwurf. Im vorliegenden Fall hatten die Angeklagten Sprungrevision gegen die Verurteilung durch das Amtsgericht eingelegt. Am 18.1.2006 verwies das OLG die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück. Die Feststellungen des AG-Urteils seien "unvollständig und lückenhaft" und könnten den Schuldspruch nicht tragen.
Richter Frese führte die Verhandlung am 25. September 2006 unter erheblichem Zeitdruck. Die Angeklagten konnten nicht einmal ihre Plädoyers vortragen. Schließlich wurde der Prozess vertagt und wird nun - nach fast einem Jahr - mit Richter Dr. Heilmann fortgesetzt. Rechtsanwalt Thomas Scherzberg, Frankfurt, unterstützt die Verteidigung der Angeklagten.
Die Angeklagten werden im Prozess erneut auf die grundgesetzlich gebotene Handlungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger im Falle von Völkerrechtsverletzungen (Art. 25 GG) hinweisen. Die Unterstützung des völkerrechtswidrigen US-Angriffskrieges auf den Irak im März 2003 durch die Bundesregierung (Überflugrechte, AWACS- Einsätze, usw.) sei selbst völkerrechtswidrig und damit verfassungswidrig gewesen. Dagegen galt es friedenspolitisch aktiv zu werden und zu handeln.
Die Straftatbestandsmerkmale des § 240 - Gewalt und Verwerflichkeit - seien durch die Tat nicht verwirklicht worden. Selbst wenn das Gericht die Tatkriterien als verwirklicht ansähe, müssten die gewaltfreien Widerstandshandlungen über den rechtfertigenden Notstand nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich gewürdigt werden und zu einem Freispruch führen.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
Pressemitteilung vom 26. September 2006: Entscheidung in Sitzblockadeprozess vertagt - Airbase-Prozesse (Irak-Krieg 2003) gegen Friedensbewegung:
Amtsgericht Frankfurt vertagt Entscheidung in Sitzblockadeprozess - Beweisantrag zur Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges abgewiesen
Am 25. September 2006 verhandelte das Amtsgericht Frankfurt unter dem Vorsitz von Richter Frese über den Straftatvorwurf der Nötigung (§ 240 StGB) und über einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Franziska Senze aus Münster, Studentin, Klaus Bade aus Starnberg, Diplommathematiker, und Ulrike Klug-Kuranel, Informatikerin, wurde vorgeworfen, sich während des Beginns des Irak-Krieges am 28.3.2003 an einer gewaltfreien Sitzblockade der Friedensbewegung an der US- Airbase Frankfurt beteiligt zu haben. Die Angeklagten hatten Sprungrevision gegen ihre erste Verurteilung durch das Amtsgericht (AG) eingelegt. Am 18.1.2006 verwies das OLG die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück. Die Feststellungen des AG-Urteils seien "unvollständig und lückenhaft" und könnten den Schuldspruch nicht tragen, so der OLG-Beschluss.
In zwei Parallelfällen hatte das OLG im September 2005 den Straftatbestand der Nötigung verneint. Strafrichter Frese machte zu Prozessbeginn deutlich, dass er sich in dieser Hinsicht dem OLG anschließen werde. Allerdings sei ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz als Ordnungswidrigkeit zu prüfen. Hier erwäge er eine Verfahrenseinstellung.
Die Angeklagten machten deutlich, dass sie einen Freispruch in vollem Umfang begehren, da ihr Handeln völkerrechtlich und grundgesetzlich angesichts der Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges und der Verfassungswidrigkeit der bundesdeutschen Kriegsunterstützung gerechtfertigt und geboten war. Es habe der rechtfertigende Notstand gemäß § 16 OWiG vorgelegen. Rechtsanwalt Thomas Scherzberg, Frankfurt, stellte einen Beweisantrag, dem gemäß Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht, zur Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges befragt werden sollte. Es sollte unter Beweis gestellt werden, dass der Irak-Krieg völkerrechtswidrig und die Unterstützungsleistungen der Bundesregierung verfassungswidrig waren.
Die Staatsanwaltschaft bemerkte zunächst, dass sie keine Möglichkeit sehe, den Beweisantrag abzulehnen, wurde dann aber unsicher und beantragte eine Beratungspause. Nach der Pause forderte die Staatsanwaltschaft offensichtlich nach Einholung höherer Weisung -, die Ablehnung des Beweisantrages.
Anschließend begann der Richter sofort mit seinem Urteilsspruch. Rechtsanwalt Scherzberg musste ihn unterbrechen, da die Angeklagten noch gar nicht ihre Plädoyers hatten vortragen können. Strafrichter Frese, der für den gesamten Prozess mit drei Angeklagten nur eine halbe Stunde Verhandlungsdauer angesetzt hatte, reagierte ausgesprochen unwirsch. Seiner Meinung nach sei es doch auch im Sinne der Angeklagten, dass mal Ende ist"; außerdem sei das Amtsgericht kein geeignetes Forum für eine solche Auseinandersetzung. Ohne weitere Anhörung der Angeklagten vertagte der Richter den Prozess auf "nicht vor April" des nächsten Jahres.
Nach Ansicht des Komitees für Grundrechte und Demokratie, das die Blockade-Prozesse in Frankfurt seit 2003 beobachtet hat, zeigt auch diese Prozessführung einmal mehr, dass die Richter die völker- und verfassungsrechtliche Auseinandersetzung scheuen. Da seit dem OLG-Urteil von September 2005 Verurteilungen nicht mehr möglich sind, wird nun versucht, Gnade zu erweisen, statt Recht zu sprechen. Das rechtswidrige Handeln der Bundesregierung wird somit weiterhin vorsätzlich ausgeblendet.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
Auszüge aus der Pressemitteilung vom 19./20.09.2006
herausgegeben vom Komitee für Grundrechte und Demokratie und vom Netzwerk Friedenskooperative:
Am 25. September 2006 wird das Amtsgericht Frankfurt unter dem Vorsitz von Richter Frese erneut über den Straftatvorwurf der Nötigung (§ 240 StGB) zu entscheiden haben. Franziska Senze aus Münster, Klaus Bade aus Starnberg und einer weiteren Angeklagten aus Kassel wird vorgeworfen, sich während des Beginns des Irak-Krieges am 28.3.2003 an einer gewaltfreien Sitzblockade an der US-Airbase Frankfurt beteiligt zu haben.
In der Prozessserie gegen die Friedensbewegung wurde gegen rund 50 Angeklagte verhandelt. Im September 2005 verwarf das OLG Frankfurt in zwei Urteilen den Nötigungsvorwurf. Im vorliegenden Fall hatte die Angeklagte Sprungrevision gegen die Verurteilung durch das Amtsgericht eingelegt. Am 18.1.2006 verwies das OLG die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das AG zurück. Die Feststellungen des AG-Urteils seien „unvollständig und lückenhaft“ und könnten den Schuldspruch nicht tragen.
Die Angeklagten werden im Prozess erneut auf die grundgesetzlich gebotene Handlungspflicht für alle Bürgerinnen und Bürger im Falle von Völkerrechtsverletzungen (Art. 25 GG) hinweisen. Die Unterstützung des völkerrechtswidrigen US-Angriffskrieges auf den Irak im März 2003 durch die Bundesregierung (Überflugrechte, AWACS-Einsätze, usw.) sei selbst völkerrechtswidrig und damit verfassungswidrig gewesen. Dagegen galt es friedenspolitisch aktiv zu werden und zu handeln.
Die Straftatbestandsmerkmale des § 240 – Gewalt und Verwerflichkeit – seien durch die Tat nicht verwirklicht worden. Selbst wenn das Gericht die Tatkriterien als verwirklicht ansähe, müssten die gewaltfreien Widerstandshandlungen über den rechtfertigenden Notstand nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich gewürdigt werden.
herausgegeben
vom Komitee für Grundrechte und Demokratie (Martin Singe) und
vom Netzwerk Friedenskooperative: (Manfred Stenner)
3. Rechtshilfefonds
Rechtshilfefonds:
Sonder-Konto: Martin Singe; Kto. 559430469; BLZ: 44010046; Postbank Dortmund; Stichwort: Rechtshilfe
4. Links
Im Internet einlesen kann man sich unter folgenden Websites:
http://www.youtube.com/watch?v=L1-_BFd1Ww8 (Quer-TV-Video über die resist-Blockade 2003)
5. Dokumente
Einlassung von Franziska Senze vom 29.01.2004 vor dem Amtsgericht Frankfurt/Main:
verhinderte Einlassung von Franziska Senze vom 25.09.2006 vor dem Amtsgericht Frankfurt/Main:
Einlassung von Franziska Senze vom 31.08.2007 vor dem Amtsgericht Frankfurt/Main:
Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 13.10.2007:
UrteilAG_310807.pdf (unter 1 MB)
Rechtsbeschwerde vom 08.11.2007 gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 31.08.2007:
siehe auch ProzessDokumentation