Das Frachtgeschäft (§§ 407 ff. HGB) und warum diese Vorschriften auch auf Nichtkaufleute anwendbar sind.
Ausgangslage
Ein Problem, das insbesondere bei eBay-Geschäften immer wieder auftritt und in der Rechtswissenschaft (auch schon vor eBay) zur Entwicklung spezieller Rechtsinstitute (der sog. Drittschadensliquidation) geführt hat, ist folgendes:
- Der Verkäufer verschickt auf Risiko des Käufers die Kaufsache per Post an den Käufer. Die Sache geht auf dem Transport verloren, der Verkäufer hat aber keine Lust, sich um irgend etwas zu kümmern; der Käufer möchte aber gerne zumindest Schadenserstatz.
Für diese Fälle weise ich immer darauf hin, daß der Käufer auch ohne Mitwirkung des Verkäufers direkt vom Versandunternehmen Schadensersatz erlangen kann - § 421 Abs. 1 S. 2 HGB gibt ihm dieses Recht:
§ 421 - Rechte des Empfängers. Zahlungspflicht
(1) 1Nach Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle ist der Empfänger berechtigt, vom Frachtführer zu verlangen, ihm das Gut gegen Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Frachtvertrag abzuliefern. 2Ist das Gut beschädigt oder verspätet abgeliefert worden oder verlorengegangen, so kann der Empfänger die Ansprüche aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend machen; der Absender bleibt zur Geltendmachung dieser Ansprüche befugt.3Dabei macht es keinen Unterschied, ob Empfänger oder Absender im eigenen oder fremden Interesse handeln.
Regelmäßig ist die Reaktion "aber das HGB gilt doch nur für Kaufleute". Und die darauf passende Antwort ist "nein, die Vorschriften der §§ 407 ff. HGB gelten auch für Nichtkaufleute".
§ 1 HGB
Die etwas gewiefteren Leute verweisen dann gerne erstmal auf § 1 HGB - da "wird definiert, für wen das HGB überhaupt gilt". Tatsächlich gibt es Gesetze, die ganz zu Anfang festlegen, wofür und für wen sie gelten, und tatsächlich legt das HGB ganz zu Anfang etwas fest; aber es definiert dort nicht, für wen das HGB gilt.
Ein Beispiel für ein solches Gesetz ist das HeimG, das in seinem § 1 Abs. 1 bestimmt:
§ 1 - Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für Heime. Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden.
Wenn man das jetzt mit § 1 HGB vergleicht, wird schnell klar, daß das HGB mitnichten eine derartige Definition seines Geltungsbereichs enthält:
§ 1 (1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Statt dessen beginnt das HGB mit einigen Definitionen, und am Anfang mit der wichtigsten für das HGB: der des Kaufmanns. Das ändert aber nichts daran, daß nirgends in § 1 HGB oder den folgenden Normen etwas in der Art von "Dieses Gesetz gilt nur für Kaufleute." zu finden ist. Und das liegt daran, daß das einfach nicht stimmt.
Einschränkung nach Zweck?
Bevor anhand konkreter Normen des HGB gezeigt wird, daß es nicht nur für Kaufleute gilt, soll noch ein weiteres Argument untersucht werden, das gern verwendet wird: "Na ja, aber man kann ja aus der Logik erkennen, daß das HGB nur für Kaufleute gilt! Das BGB gilt halt für Privatleute, das HGB für Kaufleute."
Davon abgesehen, daß auch das nicht stimmt - das HGB enthält lediglich Sondervorschriften, die die Grundregeln des BGB modifizieren, was bedeutet, daß ansonsten das BGB ganz normal gilt (selbst im 2. Abschnitt des 4. Buches, mit "Handelskauf" überschreiben, findet sich mitnichten das gesamte Kaufrecht, wie es für Kaufleute gilt, sondern diese Vorschriften enthalten einige spezielle Regeln, ansonsten gelten aber die §§ 433 ff. BGB) - ist zwar richtig, daß man Gesetze auch nach Sinn und Zweck (telos) auslegt; nichtsdestoweniger braucht man aber hier und da einen Anknüpfungspunkt für eine solche Auslegung. Im HGB findet man in dieser Hinsicht keinen Anknpfungspunkt; wie noch zu zeigen ist, finden sich im Gegenteil sogar Vorschriften, in denen explizit zum Ausdruck kommt, daß das HGB in Teilen auch für Nichtkaufleute gilt.
Deshalb muß man festhalten: eine generelle Aussage "das HGB gilt nur für Kaufleute" ist falsch und läßt sich auch nicht mit pauschalen "aber so ist es doch gedacht"-Argumenten begründen. Richtig ist lediglich, daß weite Teile des HGB tatsächlich Sonderrecht für Kaufleute enthalten - und dort ist dann auch immer explizit erwähnt, daß Kaufmannseigenschaft eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist.
Grundregel für Handelsgeschäfte
Ein klarer Beleg dafür, daß das HGB sehr wohl zu differenzieren weiß, findet sich im 1. Abschnitt des 4. Buches, wo allgemeine Vorschriften über Handelsgeschäfte festgelegt sind. Da wäre zunächst § 377 HGB, der ausdrücklich verlangt, daß beide Seiten eines Vertrags Kaufleute sind (die wichtige Stelle ist hervorgehoben):
§ 377
(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.
Als Gegenbeispiel soll die besonders bedeutsame Vorschrift des § 345 HGB dienen:
§ 345
Auf ein Rechtsgeschäft, das für einen der beiden Teile ein Handelsgeschäft ist, kommen die Vorschriften über Handelsgeschäfte für beide Teile gleichmäßig zur Anwendung, soweit nicht aus diesen Vorschriften sich ein anderes ergibt.
Das heißt eindeutig, daß grundsätzlich alle Vorschriften über Handelsgeschäfte auf solche Rechtsgeschäfte Anwendung finden, bei denen nur eine Partei Kaufmann ist und im Rahmen ihres Handelsgewerbes handelt (denn nach § 343 HGB sind alle Geschäfte, die zum Handelsgewerbe eines Kaufmanns gehören, Handelsgeschäfte) - egal, was die andere Partei ist. Die kann folglich auch ein Nichtkaufmann sein. Ausnahmen gelten nur für die Fälle, in denen das Gesetz ausdrücklich etwas anderes bestimmt, wie bspw. der oben erwähnte
Insbesondere: das Frachtgeschäft
Da auch die Vorschriften über das Frachtgeschäft (die §§ 407 ff. HGB) im 4. Buch des HGB, das mit "Handelsgeschäfte" übertitelt ist, stehen, gilt auch hier die Grundregel des § 345 HGB, was bedeutet, daß die Vorschriften über das Frachtgeschäft schon dann Anwendung finden, wenn nur eine Seite ein Kaufmann ist und den Frachtvertrag im Rahmen seines Handelsgewerbes schließt.
Eine kleine Einschränkung findet sich in § 407 Abs. 3 S. 1 HGB:
§ 407 - Frachtvertrag
(3) 1Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und</li>
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.</li>
2Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.
Nach Nr. 2 muß die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehören; insofern wird hier etwas anderes als in § 345 HGB bestimmt, da es hier nämlich darauf ankommt, daß der Frachtführer ein Kaufmann ist. Daß auch der Absender Kaufmann ist, wird jedoch nicht verlangt.
Somit wäre schon einmal klar, daß für die Anwendbarkeit der Vorschriften über Frachtgeschäfte nicht erforderlich ist, daß beide Seiten Kaufleute sind; auch bei einem Nichtkaufmann als Absender finden die §§ 407 ff. HGB Anwendung, sofern nur der Frachtführer Kaufmann ist.
Auch für Nichtkaufleute als Frachtführer
Das allein sollte schon reichen, um die typischen eBay-Fälle abzuhandeln, denn die Deutsche Post AG ist als Aktiengesellschaft gem. § 3 Abs. 1 AktG ein sog. Formkaufmann, d.h. schon die Rechtsform Aktiengesellschaft führt dazu, daß die Deutsche Post AG als Handelsgesellschaft gilt, unabhängig davon, ob der Gegenstand des Unternehmens im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht; und gem. § 6 Abs. 1 HGB finden die in betreff der Kaufleute gegebenen Vorschriften des HGB auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.
Es geht aber noch weiter - auch Nichtkaufleute als Frachtführer führen zur Anwendbarkeit der §§ 407 ff. HGB, denn § 407 Abs. 3 HGB hat ja noch einen Satz 2. Zur Erinnerung:
§ 407 - Frachtvertrag
(3) 1Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und</li>
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.</li>
2Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.
Inwiefern führt dies dazu, daß es auch ausreicht, wenn der Frachtführer kein Kaufmann ist?
Istkaufmann
Dafür muß man sich zunächst mal erarbeiten, was ein Kaufmann ist - also nochmal § 1 HGB:
§ 1 (1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Das bedeutet: betreibt jemand einen Gewerbebetrieb, der nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, so betreibt er ein Handelsgewerbe, was bedeutet, daß dieser jemand qua lege ein Kaufmann ist, also unmittelbar aus Gesetz, ohne Handelsregistereintrag und alles. (Er ist natürlich nach § 29 HGB verpflichtet, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen, aber Kaufmann ist er auch ohne Eintragung.) Er ist ein Istkaufmann, kann sich also der Kaufmannseigenschaft nicht entledigen.
Kannkaufmann
Für diejenigen, die zwar einen Gewerbebetrieb führen, welcher jedoch nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, gibt es gleichwohl eine Möglichkeit, nämlich § 2 HGB:
§ 2
Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, so findet eine Löschung der Firma auch auf Antrag des Unternehmers statt, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist.
Das bedeutet nun: wenn jemand seine Firma (der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt, § 17 Abs. 1 HGB) in das Handelsregister eintragen läßt, dann gilt sein Gewerbe als Handelsgewerbe, und danach ist er dann nach § 1 Abs. 1 HGB Kaufmann. In diesem Fall ist die Eintragung in dsas Handelsregister nicht nur, wie beim Istkaufmann, Beiwerk, sondern hier ist sie konstitutiv: erst die Eintragung in das Handelsregister führt zur Kaufmannsstellung.
Zusammenfassung
Wenn man die Regeln der §§ 1 und 2 HGB zusammenfaßt, ergibt sich folgende Definition für den Kaufmann:
- Kaufmann ist, wer entweder ein Gewerbe führt, das einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, oder aber wessen Firma nach § 2 HGB in das Handelsregister eingetragen ist.
Und noch einmal: Nichtkaufleute als Frachtführer
Nun kommen wir zurück zu § 407 Abs. 3 S. 2 HGB:
§ 407 - Frachtvertrag
(3) [...] 2Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.
Und nun erkennt man sehr klar, daß das, was als Tatbestandsvoraussetzung in dieser Vorschrift aufgeführt ist, nichts anderes ist als die Definition des Kaufmanns. "Übersetzt" ergibt die Vorschrift also:
- Ist der Inhaber des befördernden Unternehmens kein Kaufmann, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.
Einzige Voraussetzung bleibt danach nach § 407 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB (s. o.), daß "die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört". Damit sind lediglich "Gelegenheitsfrachtführer" ausgenommen; ansonsten ist keine weitere Bedingung erforderlich.
Der Empfänger
Ein weiteres Argument kann man gar nicht genug betonen: das HGB stellt keinerlei Anforderungen an die Person des Empfängers. Vertragspartner sind beim Frachtvertrag nämlich nur Frachtführer und Absender:
§ 407 - Frachtvertrag (1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. (2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.
Der Empfänger ist Dritter und nicht Vertragspartner. Selbst wenn - was, wie gezeigt, nicht der Fall ist - das HGB nur für Kaufleute gelten würde, so kann dieses doch wohl nur darauf abstellen, welche Eigenschaften die Vertragspartner haben. Wenn also Absender und Frachtführer beide Kaufleute sind, würden die Vorschriften über den Frachtvertrag gelten. Der Empfänger könnte gleichwohl Verbraucher o.ä. sein. "Das HGB gilt für dich als Privatmann nicht" ist also schlicht ein unsinniges Argument, wenn der so angesprochene Privatmann der Empfänger ist.
Der Wille des Gesetzgebers
Das ganze ist übrigens weder Zufall noch ein Mißgeschick des Gesetzgebers, sondern so gewollt. Schon in der Fassung vor der Transportrechtsreform des 1.1.1998 galten nach § 451 HGB a.F. die Vorschriften über den Frachtvertrag auch für sog. Gelegenheitsfrachtführer; daran wollte der Gesetzgeber nichts ändern. In der dafür relevanten Bundestagsdrucksache 13/4885, in der sich der Gesetzentwurf der Bundesregierungzum Transportrechtsreformgesetz (PDF) findet, heißt es auf S. 34/35 der Begründung:
- Absatz 3 Nr. 2 setzt für die Anwendung der frachtrechtlichen Vorschriften ferner voraus, daß die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört, auch wenn das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Im Vergleich mit dem Vorschlag der Sachverständigenkommission zur Reform des Transportrechts wird damit nicht die Formulierung gewählt, daß der Frachtvertrag für den Frachtführer ein Handelsgeschäft sein muß. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, daß nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz -- HRefG) der Katalog der Grundhandelsgewerbe in § 1 Abs. 2 HGB gestrichen und die Rechtsfigur des Minderkaufmanns abgeschafft werden soll.
Hier wird also ausdrücklich erwähnt, daß Handelsgewerbe und damit Kaufmannseigenschaft gerade nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschriften über das Frachtgeschäft sein sollen.
Und auf S. 35 heißt es dann weiter:
- Dabei soll das Frachtrecht auch künftig auf solche (Klein-)Gewerbetreibende anzuwenden sein, die nach derzeitiger Rechtslage als Minderkaufleute angesehen oder als Nicht-Kaufleute behandelt werden.
Das geschieht so:
Die Einbeziehung bislang als minderkaufmännisch eingestufter Frachtführer oder vom Kaufmannsbegriff überhaupt ausgenommener Kleingewerbetreibender als Frachtführer soll dadurch sichergestellt werden, daß es nach § 407 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB-E für die Anwendung der frachtrechtlichen Vorschriften nur darauf ankommen soll, daß die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört. Dies gilt unabhängig davon, ob das Unternehmen des Frachtführers nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert oder nicht.
Der Frachtführer muß also in keiner Weise ein Unternehmen führen, das einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, also nicht Istkaufmann sein und auch nicht durch die Fiktion des § 2 HGB als Kaufmann gelten, denn es gilt noch einmal ausdrücklich:
- Für letzteren Fall stellt Satz 2 klar, daß dann in Ansehung des Frachtgeschäfts ergänzend auch die allgemeinen Vorschriften über die Handelsgeschäfte (mit Ausnahme der §§ 348 bis 350 HGB) Anwendung finden, von denen künftig -- nach der Konzeption des oben genannten Entwurfs eines Handelsrechtsreformgesetzes -- die bisherigen Minderkaufleute sonst ausgenommen sind.
Denn die Regierung kennt ihre eigenen Gesetzentwürfe:
- Durch diese in Anlehnung an § 1 Abs. 2 und § 2 HGB in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes gewählte Formulierung wird bei gleichzeitigem ersatzlosen Entfallen der bisherigen Vorschrift über den sogenannten Gelegenheitsfrachtführer (§ 451 HGB) sichergestellt, daß auch solche gewerblichen Transporte, die ein gewerblicher Unternehmer außerhalb des regelmäßigen Betriebs seines Gewerbes nur gelegentlich durchführt, erfaßt werden. Das bislang in § 425 HGB enthaltene Merkmal "gewerbsmäßig" kann infolge dieser Gestaltung in § 407 Abs. 1 HGB-E entfallen.
Fazit
Nach alledem ist also klar: jeder, der nicht nur gelegentlich Frachtgeschäfte ausführt, ist ein Frachtführer im Sinne des § 407 HGB mit der Folge, daß auf Frachtgeschäfte zwischen ihm und einem beliebigen anderen, gleich ob Kaufmann oder nicht, die §§ 407 ff. HGB Anwendung finden. Und das bedeutet, daß der in diesem Frachtvertrag bestimmte Empfänger nach § 421 Abs. 1 S. 2 HGB berechtigt ist, einen etwaigen Schadensersatzanspruch selbst und im eigenen Namen, ohne jegliche Mitwirkung des Verkäufers, geltend zu machen.