Rechtspositivismus
Rechtspositivismus oder juristischer Positivismus lehnt sich sprachlich an den philosophischen Positivismus an. Eine Beschreibung des Rechtspositivismus kann daher gut durch einen Vergleich mit diesem versucht werden.
Der philosophische Positivismus ist jene Richtung der Philosophie, die jede Art von metaphysischem oder kategorischen a-priori-Denken aus der Philosophie heraus hält. Er befasst sich daher ausschließlich mit dem, was gegeben und empirisch erfassbar ist - dem Positiven, den Tatsachen.
Im Gegensatz dazu ist der Rechtspositivismus dadurch gekennzeichnet, dass er nur das positive Recht als Recht auffasst und anderen Normen, etwa der Moral, den Rechtscharakter abspricht.
Doch Rechtsnormen selbst sind keine Tatsachen, sondern beschreiben, was sein soll. Sie sind jedoch Sinn von Tatsachen, nämlich, wie Hans Kelsen formuliert: "der Sinn von auf menschliches Verhalten gerichteten Willensakten [...]" 1. Darüber hinaus werde die Geltung der Rechtsordnung als Ganzes und auch einzelner Rechtsnormen durch Tatsachen bedingt. Nämlich dadurch, dass das Recht regelgerecht gesatzt wurde (ius positivum) und das es soziale Wirksamkeit entfaltet. In eben diesen beiden Tatsachen liegt die dem Recht eigentümliche Positivität und auch die Verwandtschaft zum philosophischen Positivismus.
Hans Kelsen, JZ 1965, S. 465 (1)